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Die kulturelle Praxis prämiert die Wirkung von nichtmenschlichen Faktoren auf die Menschen. Ihr Zweck, der kulturelle Sinn, ist es sinnvolle Wirkungen nichtmenschlicher Faktoren auf den Menschen zu erzeugen, zu richten und zu gestalten.
Es gibt Wechselwirkungen zwischen der menschlichen Gattung und den übrigen Teilen des Kosmos. Auch diese anderen Teile bewirken etwas bei den Menschen. Wirkungen erzeugen Rückwirkungen und schaffen so Rückkopplungskreise, in denen Subjekt-Objekt-Asymmetrien nicht emergieren.
Wenn wir uns an die Definition des Sinns als Wirkrichtung von menschlichen Subjekten auf andere Teilen/Relata des Kosmos halten, dann ist die Wirkrichtung der anderen Teile des Kosmos nicht sinnbasiert.
Daß die Buchkultur Sinn für die Menschen macht, wird man zugestehen, welchen Sinn sie für das Buch macht, wird man erstmal nicht fragen wollen. Aber andererseits ist klar, daß es ohne Bücher keine Buchkultur gibt - ergo muß die Wirkung des Buches als Wirkfaktor in der kulturellen Praxis immer und an prämierter Stelle berücksichtigt werden.
Die nichtmenschlichen Faktoren des Kosmos können mehr oder weniger stark von Menschen beeinflußt sein. Sie können auch das Produkt nahezu ausschließlicher menschlicher Praxis sein. Dann kann man von Artefakten sprechen. Das sind alle technischen Geräte, angefangen von einfachsten Werkzeugen bis zu vollautomatischen Maschinen. Zu den Artefakten gehören aber auch soziale Techniken (z.B. Bürokratie) und deren Vergegenständlichung in Institutionen.
Wenn beispielsweise von der 'Buchkultur' gesprochen wird, dann wird sie in der TriPrax als menschliche kulturelle Praxis, als von Menschen mitgestaltetes Ökosystem verstanden. Im Fokus dieser kulturellen Praxis stehen dann aber nicht die Aktivitäten der Menschen und deren Ziele - wie in der individuellen Praxis - oder die sozialen Funktionen für die Sozialsysteme sondern die Wirkungen, die das komplexe Konglomerat von Büchern, Typographeum, die technischen Abläufe auf die Menschen als (nur) einem Faktor der Kultur haben.
Der unterschiedliche Sinn der drei Praxisklassen
Es gilt die Regel:
Wenn wir den Buchdruck als Erzeugnis von Personen oder sozialen Kollektiven denken, dann denken wir über eine individuelle bzw. soziale Praxis nach. Erst, wenn wir die Richtung umkehren und nach den Wirkungen des Typographeums auf Personen und Gemeinschaften suchen, befinden wir uns in einer kulturellen Praxis.
Relevant werden in der Praxis dann Prozesse, Wirkungen, die von den Artefakten ausgehen und Kompositionen, deren prämierte Komponenten die nichtmenschlichen Teile des Kosmos sind. Diese Teile sind die bestimmende Kraft der Praxis und sie ist auf die Menschen und ihre Gemeinschaften gerichtet.
Wandel als Schlüsselbegriff zum Verständnis kulturellen Sinns
Immer sind die Menschen damit befaßt, die Wandlungen, die diese Teile /Artefakte in der Kultur hervorbringen zu gestalten. Dies geschieht durch die Transformation des Wandels. Deshalb ist die Wandeltriade der Schlüssel zum Verständnis kultureller Praxis.
Der Sinn der kulturellen Praxis für die kulturellen Wesen ist es, die Wirkung von bestimmten anderen Faktoren zu steigern oder zu vermindern (Reformieren), zu bewahren (Konservieren) oder zuallererst zu erzeugen bzw. zu zerstören (Revolutionieren). Der letztere Fall läuft auf die Zerstörung des kulturellen Ökosystems hinaus. Man schafft mit dem inkriminierten Artefakt - z.b. den Verbrennungsmotoren - zugleich eine kulturelle Praxis ab.
Wenn gesagt wird: Der Buchdruck hat die Kultur der Menschen seit der Renaissance in den meisten Teilen der Erde revolutioniert, dann meint dies, - er hat tiefgreifende Veränderungen bei den Menschen bewirkt und- die Menschen haben diese Wirkungen durch produktive, distributive und konsumtive Praktiken kontinuierlich gesteigert, sie positiv bewertet und bewahrt.
Natürlich müssen, um in diese kulturelle Lage zu gelangen, die Artefakte erzeugt werden. Wird diese Funktion prämiert, gestalten wir eine soziale Praxis, deren Funktion es ist, bestimmte Dinge, Technik zu produzieren. Sie ist in dieser Sicht eine Voraussetzung kultureller Praxis.
Hier sind also die drei Klassen der Praxis miteinander verschränkt.
Wenn man den Sinn von kulturellen Bewegungen oder Beziehungen für die Menschen ermittelt, dann wechselt man schnell in eine soziale Praxis, deren Sinn die Bewertung von kultureller Praxis (als Objekt) ist! das heißt, soziale Praxis kann kulturelle Wirkung zum Objekt machen - was nur wieder die Verschränkung der drei Praxisklassen demonstriert.