Lexikon des NTD® und der TriPrax

Definitionen und Begriffsklärungen

Lexikon der Begriffe des Neuen Triadischen Denkens® (NTD) und der Triadischen Praxeologie(TriPrax).

Definitionen sind für das NTD® eine heikle Angelegenheit, weil sie immer nur einen bestimmten Geltungsbereich haben, der eigentlich mitkommuniziert werden sollte. Manche Grundannahmen über das triadische Denken treffen beispielsweise auch auf viele andere Arten des Denkens zu, aber eben nicht auf alle. Aussagen über die individuelle Praxis gelten für die individuelle Praxis und es sollte geprüft werden, ob sie sich auf die soziale Praxis übertragen lassen. Ggfs. sind Modifikationen erforderlich. Dies umsomehr als sich die Entwicklung des NTD im Fluß befindet; manche Lemma widerspiegeln einen älteren Stand der Theorieentwicklung und harren einer Anpassung. Viele Modelle sind gut geprüft, andere beruhen vorerst nur auf logischen Deduktionen.
"Die Werke sind nur gut, soweit sie bessere entstehen lassen." Alexander von Humboldt an Charles Darwin, 18. Sept. 1839
Es ist mit den Definitionen/Modellen/Programmen wie mit allen anderen tools: Ohne Anamnese und Diagnose der Anwendungssituation - also der Art der Praxis -, kein sinnvoller Einsatz. Immer gilt: 'Die Herrlichkeit solcher Haupt- und Grundbegriffe erscheint nur dem Gemüt, auf welches sie ihre unendliche Wirksamkeit ausüben, erscheint nur der Zeit, in welcher sie, ersehnt, im rechten Augenblicke hervortreten.' Goethe im 8. Buch von 'Dichtung und Wahrheit'
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Relation, Verbindung =

abstrakt: Relation als Faktor von Beziehungen

ein Faktor der Triade der → Beziehungen neben den → Relata und den → Richtungen.

Es gilt die Triade der Komponenten der Beziehung: Relata, Relation, Richtung. (ReReRi) Die drei Faktoren der Beziehungstriade definieren sich, wie jede echte Trias, wechselseitig.


Im Alltag wird selten gut zwischen 'Beziehungen' und 'Relationen' unterschieden. Es ist aber einsichtig, daß man von Beziehungen nur dann sprechen kann, wenn wir mindesten zwei Objekte (Pole, Elemente, Faktoren .. oder wie immer wir diese Größen nennen wollen), annehmen, zwischen denen es eine andere Größe mit ebenfalls vielen Namen gibt. Keine Beziehung ist geklärt, wenn man nicht weiß, zwischen was sie besteht. Und man kann nicht von 'einseitigen' bzw. 'wechselseitigen Beziehungen' sprechen, wenn man nicht Richtungen, einen vektoriellen Charakter von Beziehungen annimmt.

Eine Relation ist die Verbindung zwischen zwei Relata, im abstrakten Fall eine Linie zwischen 2 Punkten; konkreter: eine Straße, die zwei Orte verbindet.
Dies ist die vorherrschende räumliche Interpretation, aber der Begriff ist auch auf die zeitliche Dimension, z.B. als Verbindung von zwei Ereignisse übertragbar. In der ontologischen Dimension geht es um die Verbindungen zwischen Dingen, also z.B. um chemische Verbindungen.

Sobald wir uns, wie im NTD üblich, die Relata nicht mehr nur ein- oder zweidimensional vorstellen, sondern dreidimensionale Körper annehmen, werden auch mehrere Relationen zwischen denselben zwei Relata möglich und wahrscheinlich.
Man stelle sich das Relatum A als Säule im Raum vor, das Relatum B ebenso, dann lassen sich viele Verbindungen über - und untereinander - auf verschiedenen Ebenen - denken und gestalten.

Theoretisch kann es Relationen im Sinne von Verbindungen nicht nur in der vertikalen sondern auch in der horizontalen Dimension - nebeneinander - geben. Im zeitlichen Nacheinander sind Relationen sowieso üblich.

Es ist eine Frage, ob eine Relation grundsätzlich nur eine → Richtung haben soll. Es wäre dann eine Einbahnstraße. Gegenverkehr eröffnete eine neue Relation.

Typologie

So offensichtlich die Notwendigkeit der Unterscheidung der Komponenten von Beziehungen ist, so schwierig ist es, qualitative Typen von Relationen zu definieren. In der Literatur werden Relationen meist entweder ausschließlich über Richtungen oder über Relata definiert.

Werden Richtungen zugrundegelegt, dann gibt es lineare einseitige (rechts- oder linksgerichtete) asymmetrische und symmetrische Relationen, bei denen die Relata wechselseitig verbunden sind. (Mengentheoretische Definitionen differenzieren weiter.)
Typen von Relationen
Werden Relata zugrundegelegt, kann nach der Anzahl der Relata - und weiter nach deren unterschiedlichen Eigenschaften - differenziert werden. Es gibt in quantitativer Hinsicht binäre, ternäre und höherelementige Relationen. (Ein Spezialfall sind die unitären oder (selbst)reflexiven Relationen, gegen die das NTD Vorbehalte hat. Selbstreflexion)
Sobald mehr als zwei Relata angenommen werden, wächst der Druck, die Dimensionen 'Richtung' und 'Relata' zu verknüpfen. Dies passiert im NTD, wenn die (Faktoren-)Trias als zirkuläre Relation zwischen drei Relata definiert wird. Jeder Faktor ist mit jedem anderen links- und rechtsseitig, also wechselseitig verbunden.
Bei diesen Definitionsvorschlägen kann das NTD nicht stehen bleiben, weil sie letztlich darauf hinauslaufen, die Relation als das Produkt der Interaktion von zwei Faktoren, eben der Relata und der Richtung zu bestimmen. Das entspricht binärem Denken und verliert das Alleinstellungsmerkmal der Relation aus den Augen. Sie hat nichts Eigenes mehr.

Was die eigenständigen Merkmal der Relation angeht, gibt es viele Vorschläge, die jeweils für ein bestimmtes Anwendungsfeld Sinn machen; aber Generalisierungen fallen schwer. Für die Triadische → Kosmologie ist klar, das es Relationen in der zeitlichen und in einer räumlichen Dimension sowie zwischen Dingen geben kann. Beziehungen in der Praxis verschränken diese Dimensionen.

  • Es gibt zeitliche Relationen zwischen Prozessen, Dingen und Körpern/Räumen. In der Praxis kann zwischen gleichzeitigen und abwechselnden (turn-taking) prozessualen Relationen mit komplementäre (z.B. Sprechen:Hören) Aktivitäten und einem Nacheinander unterschieden werden.
  • Es gibt räumliche Relationen zwischen Prozessen, Räumen und zwischen Dingen.Prozesse können bspw. Nebeneinander oder Gegeneinander im gleichen Raum relationiert werden. Oder sie spielen sich in anderen Räumen ab.
  • Es gibt dingliche/ontologische Relationen in der Praxis zwischen Dingen und zwischen als Dinge behandelten Prozessen und Räumen. Hier ist zu unterscheiden, ob es sich um artgleiche Dinge oder unterschiedliche handelt.
Im allgemeinen werden die materiellen Relationen zwischen Dingen, also den materiellen Relata, eine Leitung, ein Kanal o.ä. als Medien bezeichnet. Immer haben sie in den Beziehungen vektoriellen, gerichteten Charakter.


In Anlehnung an Nachrichtenmodelle ist es möglich, drei abstrakte Typen von materiellen Relationen zu definieren:

  • einkanalige lineare Relationen zwischen Relata (Simplex)
  • mehrkanalige (multimediale) Relationen (meist dual-simplex)
  • ein- oder mehrkanalige Relationen, die einen Richtungswechsel (Oszillation) ermöglichen (Halb- oder Vollduplex).
    Typen von Relationen in der Praxis
    Die Unterscheidung geht auf die Nachrichtentechnik (z.B. DIN 44302) zurück, für die es jedoch auf die Richtung und die Protokolle des Informationsflusses ankommt. Das NTD trennt zunächst zwischen der Richtung und den als Verbindung/Leitungen verstandenen Relationen. Wenn Duplexverbindungen nur ein Kanal zur Verfügung steht, muß der Richtungswechsel programmiert werden, Senden und Empfangen werden durch Protokolle schematisiert. Es ist auch sinnvoll, die Zeit als Definitionskriterium zu nehmen und dann gleichzeitiges Senden vs. abwechselndes Senden (turn-taking)zu unterscheiden.

Man kann einfache von komplexen und von systemischen Relationen unterscheiden.Komplexe Relationen sind solche, die als Elemente/Faktoren selbst wieder Beziehungen und damit auch Relationen besitzen. Die Verknüpfung von mehreren Beziehungen kann als System verstanden werden.
Komplexe Relationen, die selbst wieder aus Beziehungen und damit auch aus deren Faktor Relation bestehen, also Relationen 2. Ordnung beinhalten, können als Interaktionssysteme verstanden und gestaltet werden.

Praxeologische Konkretisierung von Relationen als Verbindungselement in der Urtriade

Die Relation emergiert in der Praxis grundsätzlich dreifaltig, als Interaktionsprozeß (zeitliche Dimension), als Interaktionsmedium (dingliche Dimension) und - räumlich-strukturell - als Interaktionsbeziehung.
Typen von Relationen
Immer kann sie als komplex wahrgenommen und gestaltet werden. Die Komplexitätsbewältigung führt regelmäßig zur Prämierung der einen oder der anderen Emergenzform.

Der Begriff der 'Relation', der 'Verbindung' und der 'Beziehung' ist für NTD und TriPrax von ausschlaggebender Bedeutung. Keine Praxis und keine Triade läßt sich gestalten, ohne ihn zu benutzen. Wie immer der Triadiker Prozesse, Räume und Dinge versteht, immer spielen Beziehungen und damit auch Relationen eine Rolle.

"Der Mensch und die Welt sind relative Wesen und das Prinzip ihres Seins ist die Relation." Jean Paul Sartre: Das Sein und das Nichts. Reinbek 1962 (zuerst 1943) , S. 403. Für jeden triadischen Denker ist die Beziehung eine zentrale Kategorie. Das kann man besonders gut bei Augustinus besichtigen, z. B. in De trinitate, XV. 3, 5. "Drei (eine Trias!) indes sind sie (die Relata/Faktoren der Trinität: Vater, Sohn, Heiliger Geist) dadurch, daß sie aufeinander bezogen werden."(X, 10.18)

Relation als Ding und (Interaktions-)Medium

Relationen in der Praxis können Dinge sein und folglich auch eine materielle Existenz haben. Sie sind keine rein informativen Objekte, wie die Mathematik denkt, und auch nicht bloß energetische Kräfte, wie es die Physik oftmals annimmt. Es gibt in der ontologischen Dimension des Kosmos informative, materielle und energetische Relationen bzw. Medien. Sie treten empirisch nur verschränkt auf. Deshalb spricht die TriPrax auch von den materielle, energetischen und informativen Dimension der → Medien.


Sobald die informativen Welten, auch der Vorstellungsraum, dreidimensional konstruiert werden, gibt es auch informative Räume, Denkräume, ideologische, religiöse usf. Räume. Entsprechend gibt es dann auch informative Verbindungen, z.B. plus und minus, logische Verknüpfungen, 'Brücken' zwischen Religionen usf..

Die Relation zwischen den Relata Subjekten und Objekten in der individuellen Praxis wird durch materielle Medien, bspw. Werkzeuge, vermittelt. Es geht hier gerade darum, die Rückkopplung zu minimieren, die Wirkrichtung einseitig auf das Objekt zu richten. Sobald man dem Objekt in der individuellen Praxis ein Medium/eine Relation und eine Richtung zugesteht, mit dem es auf das Subjekt einwirkt, haben wir es mit kommunikativer oder kultureller Praxis zu tun. In der sozialen Praxis sollte es immer soziale Normen und Programme als gemeinsames Drittes, also als informative Relation, zwischen den Akteuren geben.
In der kulturellen Praxis sind alle Faktoren sowohl Subjekte/Katalysatoren als auch Objekte, als auch Medien.

Relation als (Interaktions-)Prozeß

Alle Relation müssen hergestellt werden. Und dies geschieht durch unterschiedliche Typen von Interaktionsprozesse, abgekürzt von → Interaktionen. Die wichtigsten Prozeßtypen bezeichnet die TriPrax als Praktiken. Alle Praktiken relationieren, sind dynamische Interaktionsmedien.

Ein Spezialfall von Relationen in Praxen liegt dann vor, wenn Praxissysteme als Medium eingesetzt werden. Man kann dann von 'Interaktionssystemen' sprechen.
Wir haben dann die Ableitung Praxis als Beziehung → Relation → Interaktionssystem als Beziehung.
Von hier gibt es Verbindungen zu den → Praxisverbunden, dem Zusammenschluß von Praxissystemen zu relativ stabilen größeren Einheiten.

Ob von Medien, Relationen, Verbindungen, Interaktionsmedien oder -systemen gesprochen wird, ist eine Frage der Perspektive.
  • In komplexen Kompositionen wie z.B. der Urtriade tauchen Relationen auf verschiedenen Abstraktionsstufen auf. Es sind dann Relationen 1., 2. und ggfs. höherer Ordnung zu unterscheiden.
    So gibt es in der Urtriade eine Relation 1. Ordnung, in dieser Relation, wenn sie denn z.B. als Praxissystem verstanden wird, gibt es wieder eine Relation, dann 2. Ordnung usf.
    Das gleiche gilt auch für Beziehungen überhaupt, für die Relata, Richtungen, Strukturen usf. Alle Absoluten Modelle sind gerade deshalb absolut, weil sie auf verschiedenen Abstraktionsebenen emergieren können.
lexikon, id955, letzte Änderung: 2023-09-07 16:10:25

© 2023 Prof. Dr. phil. habil. Michael Giesecke